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„Heilendes“ Schreiben ist uralt.

Mit dem Entstehen der europäischen Hochkultur entstand auch das Schreiben mit dem Ziel, sich selbst zu erkennen, Leiden zu artikulieren und Ressourcen aufzuspüren. Belege dafür reichen bis in die Antike zu Sokrates zurück. Die erste bekannte autobiografische Schrift entstand um 400 vor Christus vom Kirchenvater Augustinus. Seine „Confessiones“ hatten den Charakter der Beichte und Reflexion. Er gestaltete belastende Momente schreiberisch, betrachtete Erlebnisse aus größerer Distanz und verschaffte sich dadurch Erleichterung und Befreiung. Im Laufe unserer zweitausendjährigen Geschichte haben sich viele Belege zum therapeutischen Schreiben angesammelt, die diese Form zudem kontinuierlich weiterformten. Um die Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelt sich das Schreiben im Rahmen der amerikanischen Poetry Therapy (Poesietherapie) als eigenständige Therapieform.

Tiefenpsychologische Grundlagen
Der österreichisch-amerikanische Psychiater Jakob L. Moreno prägte in den 1930er Jahren den Begriff des Psychodramas und bediente sich dabei der Methode, aus dem Stegreif Verse zu bilden – so genannte Nonsense-Verse, die dem Erleben näher stehen als geformte, sinnvolle Verse. Das Psychodrama hat heute noch seinen festen Platz innerhalb der Ausdruckstherapien in zahlreichen Kliniken.
Als Wendepunkt in der Geschichte des kreativen und therapeutischen Schreibens gilt das Werk Siegmund Freuds, für den Schreiben der Selbsterkenntnis diente. Seine Technik der freien Assoziation lässt sich auch schriftlich anwenden, vor allem für Erinnerungsarbeit, die drei wesentliche Schritte umfasst: Erinnern, Wiederholen, Durcharbeiten.
Auch der Schweizer Psychiater C. G. Jung hat sich intensiv mit dem Schreib- und Heilungsprozess auseinandergesetzt. Für ihn spielte das aktive Imaginieren eine zentrale Rolle bei der schriftlichen Selbstanalyse. Sein zentrales Werk beschäftigt sich mit dem Unbewussten, den tiefen, archetypischen Schichten in uns, dem daraus hervorgehendem Wissen über das kollektive Unbewusste. Jung hat sich auch stark mit Spiritualität, mit Alchemie und mit Mythen beschäftigt. Die Methode der aktiven Imagination wird von vielen Schriftstellern als Schöpfungs- und Inspirationsquelle benutzt.
Der erste Psychotherapeut, der das Verfassen von autobiografischen Skizzen direkt in die Therapie integriert hat, war Alfred Adler. Er hat dafür sogar einen eigenen Fragebogen entwickelt. Für Adler führt das Verstehen der eigenen Lebensgeschichte zu einer Erkenntnis und gegebenenfalls zu einer Korrektur des eigenen Lebensstils.

Bekannte Schriftsteller, die sich dazu bekannten, dass ihr Schreiben reine Selbstanalyse sei, waren etwa Franz Kafka, Rainer M. Rilke oder August Strindberg.

Belegte Wirksamkeit
Die Poesietherapie ist heute anerkannte Therapieform mit breiter wissenschaftlicher Fundierung. In Deutschland fand der erste Poesietherapiekongress 1985 statt, in Amerika hat die Poesietherapie neben anderen expressiven und kreativen Therapien wie Tanz-, Musik-, Gestalt- und Dramatherapie schon lange einen fixen Platz. Unter Poesietherapie versteht man jedes therapeutische oder selbstanalytische Verfahren, das durch Schreiben zur Heilung und Persönlichkeitsentwicklung beiträgt. Durch verschiedene Schreibübungen soll die Kommunikation mit dem Unterbewusstsein angeregt und das Wechselspiel beider Gehirnhälften gefördert werden. Über die Wirkung der heilenden Kraft des Schreibens gibt es zahlreiche Studien.

Auch in meinen Schreibwerkstätten kommen Techniken des intuitiven Schreibens zum Einsatz. Und zwar im Sinne einer Inspirations- und Erkenntnisquelle und nicht im Sinne eines therapeutischen Settings. Ich weise an dieser Stelle noch einmal darauf hin, dass ich keine psychotherapeutische Ausbildung habe und keine Therapieform anbiete. In meinen Schreibworkshops biete ich einen Rahmen, um das eigene kreative Potential zu entfalten, dem inneren Wissen näher zu kommen und seiner eigenen Stimme wieder vertrauen zu lernen.

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